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Tourentagebuch

Da sitze ich also nun. Völlig Planlos starre ich an meine graue Decke. Ein kalter Luftzug zieht sich durch das Zimmer.
Enttäuscht schaue ich auf meinen Wecker: 17:30. Wenigstens etwas, wenigstens kommt gleich meine Frau von der Arbeit, denke ich mir während ich mich hoch raffe und in die Küche schlendere. Ich mache den Kühlschrank auf. Gähnende leere macht sich breit. Nichts drin, komplett leer. Mit einem seufzen öffne ich den Nachbarschrank. Schon wieder Dosensuppe. Ich hasse Dosensuppe, seit Tagen nichts anderes als Dosenfutter. Als meine Frau heim kam unterbreitete ich ihr die schlechte Nachricht. „Schon wieder ist eine zurück gekommen. Was mache ich bei meinen Bewerbungen bloß falsch?“. Ich konnte zuschauen wie auch Sie langsam die Hoffnung verlor, dass ich jemals wieder einen Job bekomme. 234 Bewerbungen und alle sind sie wieder gekommen. Hach, war das eine Zeit als ich noch als Tischler arbeiten konnte. Jeden Monat hatten wir genug Geld, sodass ich meiner Frau ein klein wenig Luxus bieten konnte. Bis der Tag kam, der alles zerstörte. Ein kleiner Unfall beim Sägen und mein Leben war hinüber. Ich musste für eine Zeit ins Krankenhaus - für meinen Chef war das anscheinend zu lange. Nach meiner Entlassung hielt ich meine Kündigungspapiere in den Händen. Seit dem wurde es schlimmer. Mit dem kleinen Gehalt, dass meine Frau verdient, kommen wir kaum über die Runden. Und oben drauf kommen dann noch Unnötige Kosten für Bewerbungsmaterial, die ich mir eigentlich sparen könnte.
Bei Kerzenschein löffelten wir unsere Suppe aus. Ich spürte förmlich wie mein Magen um Hilfe rief. Nachdem wir gegessen hatten brachte ich die Teller in die Küche. Traurig steuerte ich das Sofa an um eine Frau in die Arme zu nehmen. Als wir beide da so auf dem Sofa in der kalten Wohnung saßen ergriff Sie das Wort: „ Du, ich habe dir doch zu deinem 32 Geburtstag den LKW Führerschein geschenkt.“ Ich bejahte. „ Wie wäre es, wenn du dich in einer Spedition bewirbst? Du bist ein großer Fan davon, sonst hätten wir die Schränke ja nicht voll mit diesem Plunder.“ Sagte sie und grinste. Mit Plunder bezeichnete Sie meine über die Jahre gesammelten Modelle. „ Du schlägst mir vor, dass ich mich als Fahrer bewerbe? Du bist dir aber bewusst, dass wir uns dann nur noch am Wochenende sehen würden? – Nein, dass möchte ich nicht.“ Aber sie hatte Recht. Ich war wirklich ein großer Fan von Lastkraftwagen, ja, in meinen Kindertagen war es sogar mein größter Wunsch Kraftfahrer zu werden. – Dennoch, ich liebe meine Frau. Im Moment ist Sie alles was mich an der Stange hält. Kurze Zeit später stand Sie auf und ging vor die Tür. Mit einer Tageszeitung bewaffnet schoss Sie auf mich zu. „ Wenn du mich wirklich liebst, dann bewerbe dich als Fahrer. Wir müssen was tun sonst halten wir das nicht mehr lange aus, dass weißt du selber!“ sagte Sie mit ernstem Blick zu mir. Kommentarlos blätterte ich in der Zeitung. Und Bingo! Gleich auf der ersten Seite hatte ich ein Unternehmen gefunden, welches Umschlungen zum Kraftfahrer anbot. Ein weiteres mal machte ich mir Hoffnung, ein weiteres mal setzte ich mich vor den Rechner und ein weiteres mal stellte ich mich persönlich in der Firma vor und gab meine Unterlagen ab.

Da sitze ich also nun. Völlig Planlos starre ich an meine graue Decke. Es klingelte an der Tür, ich machte auf und nahm dem Postboten seine Last ab. Ich blätterte die Briefe durch und war schon auf dem Weg zu meiner `besonderen Ablagestelle für Rechnungen´ als ich ganz plötzlich das Logo der Spedition enddeckte. Ich zitterte und merkte wir mir das Adrenalin in den Kopf schoss. Es sind schon mal nicht deine Bewerbungsunterlagen dachte ich mir, während ich den Brieföffner holte. Kurze Zeit später hörte man im ganzen Viertel mein Geschrei. Es musste sich fürchterlich angehört haben, aber ich musste meiner Freude Ausdruck verleihen. Ich wurde zum Probearbeiten eingeladen. Gleich nächsten Montag um 8 Uhr.
Nachdem meine Frau durch die Haustür kam nahm ich Sie mir, hob Sie hoch und lief mit ihr durchs ganze Haus bis ich vor Erschöpfung fast zusammen brach. ´Endlich mal wieder ein Erfolgserlebnis` wanderte es mir durch den Kopf während ich mit Freuden meine Portion Dosensuppe aß.

Montag -:- 8Uhr

Pünktlich stand ich wieder im Büro des Chefs. Es verging eine ganze halbe Stunde bis er fertig mit aufschreiben, dokumentieren und fragen war. Doch dann, dann gingen wir nach draußen. Aus dem trockenen Büro hinaus in die super riechende Freiheit. Er erzählte mir, dass ich heute zwei Kunden zu beliefern hätte. Die würden am Ende des Tages ihre Meinung über Zufriedenheit, Service und Können abgeben. Wir blieben stehen. Meine Kinnlade fiel auf den Boden, als er mit dem Finger auf einen Scania R440 zeigte. Ein Traum von einem LKW!
Fertig beladen und mit dem Hinweis, dass die Adressen der Kunden im Handschuhfach lägen würden ging es los. Ein gutes Gefühl ein solches Lenkrad in den Händen halten zu können.





„In Hundert Metern biegen Sie links ab“ teilte mir die Navi-Frau, welche ich seit dem Tag als ´Uschi` bezeichnete, mit.
Soviel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr und so bog ich links ab. Ich muss ein so schreckliches Grinsen gehabt haben, dass mich sämtliche Passanten komisch anschauten. Aber ich winkte freundlich und konzentrierte mich auf den Straßenverkehr.



Nach jeder Menge Spaß und einigen Kilometern teilte mir Uschi mit, dass sich das Ziel auf der Rechten Seit befände.
Beim Kunden angekommen rangierte ich meinen 40 Tonner sicher auf den Hof und war zum Abladen bereit.


Ich meldete mich in der Küche des Hotels an und fragte zugleich nach meiner Ansprechperson. Der Chef des Ladens kam nach draußen und ich begrüßte ihn mit einem freundlichen ´Guten Morgen` und einem festem Händedruck. Er schickte mir seine beiden Küchenhilfen. Zu Dritt hatten wir die Hälfte des Aufliegers Ruck Zuck ausgeladen, weshalb ich sogar noch Zeit für ein Glas Limonade im Biergarten hatte.



Mit den Frachtpapieren in den Händen stiefelte ich wieder zum Chef, ließ alles unterschreiben und verabschiedete mich.
Im LKW angekommen kramte ich wieder im Handschuhfach. Dierenweg 34 in 56486 Schloßstein tippte ich ins Navi ein und gab dann den 440 Pferdchen meines Scanias saures. Das tolle Wetter, das gute Gefühl im Magen und die klasse Musik zwingten mich förmlich dazu das Radio lauter zu stellen.



Beim letzten Kunden angekommen wiederholte ich das Prozedere. Die letzten Kisten wurden ausgeladen und die Frachtpapiere in die Mappe gesteckt. Auf ging es zum ´Heimathafen`.


Das Tor meiner Firma war verschlossen, weswegen ich meinen Chef um Anweisung fragte. Kurze Zeit später schob sich das Tor wie von Geister Hand auf. Zugmaschine und Auflieger stellte ich getrennt voneinander ab.



Ich schloss das Führerhaus ab und machte mich wieder auf den Weg zum Büro. Mein Chef, Herr Petersen, erwartete mich bereits und teilte mir total fröhlich mit, wie Zufrieden seine Kunden mit mir seien und was meine Bedingungen wären sofort anzufangen. Ich sagte nur, dass die Bezahlungen stimmen müsse und das ich genau DIESEN LKW haben möchte. Er zeigte sich einverstanden und so unterschrieb ich keine Fünf Minuten später meinen neuen Arbeitsvertrag.



Da sitze ich also nun. Völlig Planvoll starre ich an meine graue Decke. Ich lege mich schlafen und freue mich sehr auf den neuen Tag. Ich weiß zwar nicht wo es hin geht aber endlich geht es wiedermal wohin!

Gute Nacht und bis bald!